Anders als in Deutschland durfte in den USA Thunfisch bisher nur dann als "delfinsicher" bezeichnet werden, wenn er weder mit Treibnetzen noch durch Setzen von Netzen um Delfinschulen gefangen wurde. Jetzt müssen die USA ihre strengen Vorgaben lockern, sodass künftig auch Thunfisch aus Mexiko, an dem das Blut von Delfinen klebt, das Logo delfinsicher" für sich beanspruchen darf.
Bei der WTO spielen Verbraucher-, Umwelt-, und Naturschutz keine Rolle
Laut Earth Island Institute (EII), der amerikanischen Partnerorganisation der Gesellschaft zur Rettung der Delphine e.V. (GRD) beim Internationalen Kontrollprogramm für delfinsicheren Thunfisch/SAFE, beruht die Entscheidung der WTO nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, sondern dient lediglich dem freien Handel.
"Leider hat die WTO wiederholt gezeigt, dass ihr Umwelt, Natur und Wahrheit bei Zertifizierungsprogrammen egal sind", kritisiert David Phillips, Leiter des Internationalen Meeressäugerschutzprojekts des EII. "Mexiko soll sich wie jede andere Fischereination auch an dieselben Regeln halten, wenn es das US-Label "delfinsicher" verwenden will, und das bedeutet, keine Jagd auf Delfine, kein Einkreisen von Delfinen mit Netzen und keine toten Delfine. Alles andere macht aus dem Logo eine Farce", erklärt er.
"Die WTO-Entscheidung zeigt einmal mehr, dass Umwelt-, Tier- und Naturschutz bei internationalen Handelsabkommen absolut zweitrangig sind und man mit Recht um viele bereits erreichte Erfolge fürchten muss", erklärt der GRD-Biologe Ulrich Karlowski.
Delfine als billiges Mittel zum Zweck
Grafik RingwadennetzDie mexikanischen Fangflotten machen sich ein nur im tropischen Ostpazifik vorkommendes Phänomen zunutze, bei dem Thunfischschwärme oft mit Delfinschulen vergesellschaftet sind. Die Fischer orten die an der Wasseroberfläche schwimmenden Delfine, um den etwa 150 m darunter schwimmenden Thunfischschwarm einzufangen.
Die Meeressäuger werden dann mit mitgeführten schnellen Beibooten bis zur völligen Erschöpfung gehetzt und in die Netze (Ringwade) getrieben. Dann wird die Ringwade unterhalb des Thunfischschwarms wie ein Beutel zugezogen. Delfine und Thunfische befinden sich jetzt im Netz. Bevor der Thunfisch an Bord geholt wird, werden die Delfine durch Herablassen des oberen Netzteils freigelassen. Allerdings kann nicht jeder Delfin lebend entkommen.
Hohe Sterblichkeit bei Delfinbabys
Durch diese Fangtechnik sterben jedes Jahr mehrere Hunderte, manchmal auch Tausende Delfine. Die Meeressäuger werden mitunter mehrmals täglich gejagt und eingefangen, Mütter werden von ihren Kälbern getrennt, viele Delfine sterben nach der Fangprozedur, auch wenn sie freigekommen sind, an Verletzungen oder aufgrund von stressbedingten Krankheiten.
Mehr als 7 Millionen toter Delfine in 40 Jahren
Mit dieser weltweit einzigartigen Fangmethode wurden seit den späten 1950er-Jahren bis Anfang der 1990er-Jahre in der Thunfischerei mehr als 7 Millionen Delfine getötet. Ein Vergleich verdeutlicht das Ausmaß dieses ungeheuerlichen Beifangtods: Etwa 2 Millionen Wale wurden im kommerziellen Walfang im 20. Jahrhundert getötet.
"Es ist höchste Zeit, dass Mexiko diese umweltschädigende Fangmethode einstellt, anstatt delfintödlichen Thunfisch in amerikanische Supermärkte zu bringen und über Handelsbarrieren zu jammern", erklärt Phillips.
Das EII war maßgeblich an der Entwicklung der internationalen Standards für "delfinsicheren" Thunfisch beteiligt und etablierte bereits Ende 1990 das International Monitoring Program (IMP/SAFE), das 1991 von der GRD in Deutschland eingeführt wurde, mit bindenden Richtlinien für die Thunfischindustrie.
Dank dieser Maßnahmen konnte das weltweit größte Massensterben von Delfinen um über 90 % reduziert werden!