Nach deutschem Recht hätten die überlebenden Mitglieder der Redaktion des Satiremagazins »Charlie Hebdo« verurteilt werden müssen, da ihre Zeichnungen Fundamentalisten dazu animierten, Terrorakte zu begehen. Laut § 166 StGB wird nämlich mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft, »wer den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören«.
Hierbei handelt es sich, so der Philosoph Michael Schmidt-Salomon, der die Bundestagspetition zur Abschaffung des § 166 StGB im Namen der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) eingereicht hat, um eine »skandalöse Umkehrung des Täter-Opfer-Prinzips«: »Denn selbstverständlich wird der öffentliche Friede nicht durch Künstlerinnen und Künstler gestört, die auf dem Boden des Grundgesetzes Religionen satirisch aufs Korn nehmen, sondern durch religiöse Fanatiker, die es nicht gelernt haben, auf Kritik in angemessener Weise zu reagieren.«
Die Abschaffung des § 166 StGB sei nicht zuletzt vor dem Hintergrund der jüngsten weltpolitischen Entwicklungen notwendig, erklärt der Stiftungssprecher: »Spätestens seit dem Terrorangriff der Hamas auf jüdische Männer, Frauen und Kinder im Oktober 2023 sollte der deutschen Politik bewusst sein, dass es an der Zeit ist, ›klare Kante‹ gegenüber religiösen Fanatikern zu zeigen und das Profil des demokratischen Rechtsstaates zu schärfen. Die Ampelkoalition hätte nun die historische Chance, den ursprünglich noch aus dem deutschen Kaiserreich stammenden ›Zensurparagrafen‹ (Kurt Tucholsky) aus dem Strafgesetzbuch zu streichen.«
Bundestagspetition jetzt unterzeichnen!
Zur Unterstützung dieser Forderung haben sich zahlreiche Organisationen zur Kampagne »Free Charlie!« zusammengeschlossen. Auf der Kampagnen-Website free-charlie.de findet man die zentralen Argumente gegen § 166 StGB sowie satirische Zeichnungen von namhaften Karikaturistinnen und Karikaturisten, welche die Kampagne ebenfalls unterstützen.
Nun ist die Zivilgesellschaft gefragt: »Helfen Sie mit, den ›Gotteslästerungsparagrafen‹ aus dem Strafgesetzbuch zu streichen und unterstützen Sie unsere Bundestagspetition!«, lautet der Appell der »Free Charlie!«-Kampagne. »Dies ist ein wenig umständlicher als das Unterzeichnen einer Petition bei Campact, Change.org, Avaaz oder openPetition, aber das Verfahren ist durchaus zu bewältigen – und tatsächlich gelten nur diese komplizierteren Bundestagspetitionen als rechtsverbindlich. Machen Sie also bitte von Ihren demokratischen Rechten Gebrauch und stärken Sie die Freiheit der Kunst, der Meinungsäußerung und Meinungsbildung. Lassen Sie uns gemeinsam verdeutlichen, dass das Toleranzgebot für streng religiöse Menschen ebenso gelten muss wie für nicht-religiöse! Denn auch die Religionen stehen nicht über dem Gesetz.«
Hier können Sie die Petition zur Abschaffung von § 166 StGB mitzeichnen:
https://epetitionen.bundestag.de/content/petitionen/_2024/_01/_05/Petition_161923.html
Weitere Infos zur Kampagne finden Sie auf der Kampagnen-Website free-charlie.de. Unterstützer der Kampagne (in alphabetischer Reihenfolge): Alibri Verlag, Bund für Geistesfreiheit Augsburg, Bund für Geistesfreiheit Bayern, Bund für Geistesfreiheit München, Bundesarbeitsgemeinschaft Humanistischer Studierender, CARICATURA Frankfurt, Düsseldorfer Aufklärungsdienst, Giordano-Bruno-Stiftung (gbs), Hans-Albert-Institut (HAI), Humanistischer Pressedienst (hpd e.V.), Humanistische Union (HU), Institut für Weltanschauungsrecht (ifw), Internationaler Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA), Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland, Kortizes-Institut, Kunstpreis »Der Freche Mario«, Kulturbühne Hinterhalt, Projekt 48, Säkulare Flüchtlingshilfe, hpd-Satirefenster »Spott sei Dank!«, SPD-Arbeitskreis Säkularität und Humanismus, Zentralrat der Ex-Muslime, Zentralrat der Konfessionsfreien. Wenn Sie die Kampagne mit einer Spende unterstützen wollen, nutzen Sie bitte diesen Link.