Die Neuregelungen zur Erhöhung der Markttransparenz und Stärkung des Wettbewerbs ergeben insbesondere im Bereich der Anlageberatung für Banken und Finanzvertriebe weitreichende Folgen.
Denn: Wer als Anlageberater tätig ist, bedarf nun – bis auf wenige Ausnahmen – einer Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gemäß § 32 KWG und muss darüber hinaus einem beachtlichen Pflichtenkatalog nachkommen.
Schaffung einer ausreichenden Informationsgrundlage und Geeignetheitsprüfung
Künftig müssen Vermittler dem Kunden vorab nicht nur eine ausreichende Informationsgrundlage für dessen Investitionsentscheidung bieten, sondern sich im Rahmen einer "Geeignetheitsprüfung" auch ein genaues Bild von Anlageziel, Erfahrung und Risikotragfähigkeit des Anlegers machen und sein Angebot darauf abstimmen. Dem entsprechend dürfen dem Privatkunden oder Kleinanleger, der etwas für seine private Altersvorsorge tun möchte, keine ebenso riskanten Angebote unterbreitet werden, wie dem professionellen Anleger. Etwas anderes gilt nur, wenn der Kunde von sich aus etwa nach besonders riskanten Produkten fragt; dann ist er aber darauf hinzuweisen, dass das gewählte Finanzinstrument nicht zu seinen Rahmendaten passt.
Offenlegung von Kosten, Gebühren und Provisionen
Auch zum neuen Pflichtenkreis zählt die Offenlegung von Vermittlungsprovisionen gegenüber Anlegern, die schon in der Vergangenheit Gegenstand zahlreicher gerichtlicher Auseinandersetzungen war. Sie ist nun zwingend vorgeschrieben.
"Best-Execution-Regel" als einschneidende Neuerung
Für Anleger wie Berater eine besonders tiefgreifende Neuregelung ist die Pflicht zur sogenannten "Best Execution": Hat der Kunde seine Anlageentscheidung getroffen und einen entsprechenden Auftrag erteilt, muss der Anbieter diesen so preiswert wie möglich ausführen. Das bedeutet unter Berücksichtigung der Gesichtspunkte Preis, anfallende Kosten, Geschwindigkeit und Wahrscheinlichkeit der Ausführung, ist grundsätzlich die günstigste Variante zu wählen.
"Nachholbedarf vieler Finanzdienstleister"
Für Anbieter von Finanzprodukten bedeutet die Umsetzung der Finanzmarktrichtlinie eine große Herausforderung im Hinblick auf Organisation und Kundenkommunikation. Dazu Dr. Matthias Gündel, Rechtsanwalt der auf Kapitalmarktrecht spezialisierten Gündel & Katzorke in Göttingen: "Gerade mit Blick auf die Haftungsrisiken müssen unternehmensinterne Richtlinien und Prozesse sorgfältig darauf geprüft werden, ob sie den Anforderungen der MiFID genügen. Hier haben noch viele Finanzdienstleister Nachholbedarf." Zugute kommen den Anbietern einige Übergangsregelungen, die die vollständige Geltung der MiFID bis zum 31.01.2008 verzögern.
"Chancen für die Finanzbranche"
"Die MiFID bedeutet für Anlageberater aber nicht nur zusätzliche Pflichten, sondern birgt auch Chancen in sich. Denn nicht alle Finanzdienstleistungen sind nach deutschem Recht erlaubnispflichtig. Wertpapierhandelsunternehmen, die sich freiwillig den Regelungen der MiFID unterwerfen, erwerben den sogenannten "europäischen Pass", das heißt, sie dürfen unter bestimmten Voraussetzungen in anderen europäischen Staaten tätig werden. Auf diese Weise können sie sich gegenüber der Konkurrenz einen Vorsprung verschaffen", so Gündel.
"Finanzmarktrecht im Umbruch"
Mit der MiFID wird nur eines mehrer Elemente des sogenannten "Financial Services Action Plans" der Europäischen Union umgesetzt. Dem entsprechend ist nach Einschätzung Gündels die MiFID nicht die letzte große Reform, die auf absehbare Zeit im Kapitalmarktrecht zu erwarten ist. "Sowohl im Finanzdienstleistungsbereich als auch im Gesellschaftsrecht befinden wir uns in einem ständigen europäischen Harmonisierungsprozess, dessen Ende bei weitem nicht erreicht ist – es bleibt also spannend!"