Werden Finanzdienstleistungen durch bestimmte Vertriebsarten erbracht, etwa bei Haustür- und Fernabsatzgeschäften wie dem Vertrieb über das Internet, haben Verbraucher grundsätzlich ein zweiwöchiges Widerrufsrecht. Seit dem Jahr 2002 hatte das Bundesjustizministerium (BMJ) in der BGB-Informationspflichtenverordnung (BGB-InfoV) eine Musterwiderrufsbelehrung erarbeitet, die den betroffenen Anbietern eine ordnungsgemäße Belehrung von Kunden erleichtern sollte. "Dieses Muster war in der jüngeren Vergangenheit Gegenstand von zahlreichen Abmahnungen und Gerichtsentscheidungen", erläutert Rechtsanwalt Matthias Gündel von der auf Finanzdienstleistungsrecht spezialisierten Göttinger Wirtschaftskanzlei Gündel & Katzorke. Verschiedene Gerichte haben der Mustervorlage erhebliche Mängel im Zusammenhang mit Regelungen beispielsweise über Beginn und Dauer der Widerrufsfrist und den Wertersatz konstatiert. "Gerade diese Regelungen sind kritisch für die Anbieter. Denn eine ordnungsgemäße Belehrung ist Voraussetzung dafür, dass das Widerrufs- oder Rückgaberecht grundsätzlich zwei Wochen nach Vertragsschluss erlischt", so Gündel weiter.
Mit der Änderung der BGB-InfoV möchte das BMJ die entstandene Rechtsunsicherheit beheben. Die nach Auffassung des BMJ "klarer gefasste" Musterbelehrung unterscheidet sich scheinbar nur geringfügig von der aktuell geltenden Musterbelehrung. Die geänderte Musterbelehrung trägt allerdings zahlreichen Gerichtsentscheidungen Rechnung, in denen die bisherige Fassung für rechtswidrig erachtet wurde. "Ob die neue Mustervorlage wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen die Grundlage entzieht, bleibt abzuwarten", gibt der Göttinger Wirtschaftsanwalt zu bedenken. "Hierzu wäre wünschenswert gewesen, die neue Musterbelehrung als formelles Gesetz statt als Rechtsverordnung zu erlassen." Dies ist vom BMJ aber erst in einem zweiten Schritt angedacht.
Belehrungen, die den bislang gültigen Mustern entsprechen, dürfen von den betroffenen Unternehmen noch innerhalb einer Übergangsfrist bis zum 1. Oktober 2008 genutzt werden. Den Unternehmen bleibt damit genügend Zeit, sich auf die Änderungen einzustellen. Unabhängig von der Musterbelehrung sollten Emissionsunternehmen ihre gesamten Vertriebsunterlagen regelmäßig überprüfen lassen, denn jeder Fall ist anders zu bewerten und es drohen zahlreiche rechtliche Fallstricke. Werden den Verbrauchern fehlerhafte Informationen bereitgestellt, kann dies den Anbietern auch viele Jahre später noch teuer zu stehen bekommen. Dabei sollten sich die Anbieter nicht nur bei der Gestaltung der Widerrufsbelehrung von fachkundigen Experten beraten lassen, denn bei Fernabsatzverträgen über Finanzdienstleistungen müssen noch eine Reihe weiterer Informationspflichten beachtet werden, darunter Hinweise auf spezielle Risiken, die mit den angebotenen Finanzdienstleistungen verbunden sind, auf die vertraglichen Kündigungsbedingungen oder das Bestehen eines Garantiefonds bzw. von Entschädigungsregelungen.