Welche Trends zeichnen sich bisher ab?
Vorauszuschicken ist, dass die diesjährige Ernteschätzung des Verbands der Fruchtsaftindustrie (VdF) eine mittlere Ernte (500.000 Tonnen) für Streuobst bundesweit prognostizierte. Stand 12. September meldeten Obstlieferanten insgesamt fast 70 Abnahmepreise, die erste Einblicke zulassen: Für konventionelles Obst gingen Meldungen aus Baden-Württemberg, Niedersachsen und Bayern ein. Der verbreitete Einstiegspreis in Baden-Württemberg liegt bei 8,50 € oder 10 €/dt. Dies ist zwar vergleichsweise hoch, jedoch weit entfernt von wirtschaftlicher Rentabilität. Vertreter aus Natur- und Streuobstschutz sehen mindestens 15 € bis 20 €/dt als fairen Auszahlungspreis an. Die niedrigsten Preise wurden im Raum Rastatt, Backnang und Hohenlohe/Tauber mit 5 € bis 6 €/dt gemeldet. Weit über den gemeldeten Einstiegspreise liegen bislang Meldungen aus Bayern und Niedersachsen von 17,50 € bis 18 €/dt. Abnahmepreise für Bio-Obst wurden bisher nur aus Baden-Württemberg gemeldet. Hier liegt der verbreitete Einstiegspreis bei gerade mal 13 €/dt, meist in der Region Stuttgart, was für Bio-Streuobst sehr niedrig ist. Höhere Bio-Preise gibt es am Bodensee: Hier wurden 15 € bis 20 €/dt gemeldet. Einige Streuobst-Initiativen zahlen 20 €/dt als untere Preisgrenze.
Was bedeutet das im Vergleich zu 2021?
Hochstamm Deutschland e.V. startete das Preisbarometer als Modellprojekt schon letztes Jahr: Auf Grundlage der damaligen Meldungen erhielten die Zulieferer über die gesamte Saison und bundesweit durchschnittlich folgenden Preise: 9,86 €/dt für konventionelles Obst bzw. 16,44 €/dt für Bio-Mostobst. Vor Ende September 2021 zahlten abnehmende Keltereien und Unternehmen niedrigere Preise als in der späteren Saison. Dies lässt auf eine positive Entwicklung auch in der Saison 2022 hoffen. Aus der Zwischenbilanz diesen Jahres ist jedoch bereits erkennbar, dass die Entlohnung der Streuobstheld:innen nach wie vor skandalös gering ist. Die Zuweisung einer Schuld für diese geringe Wertschöpfung ist komplex, allein den Keltereien darf sie nicht zugeschoben werden. Denn diese ringen wiederum mit energie- und personalintensiven Verarbeitungsprozessen und dem Preisniveau für regionalen Apfelsaft in der Realität der globalen Preispolitik.
Welchen Preis erhalten Sie für Ihr Mostobst?
Alle Obstsammlerinnen und -sammler, Landwirtinnen und Landwirte werden dringlichst gebeten, weiterhin während der Saison regelmäßig einzutragen, welche Preise Sie für ihre Ernte ausbezahlt bekommen haben. Das Maß an Transparenz ist abhängig von der Anzahl der Meldungen: Nur mit möglichst Vielen gelingt der Durchblick im Preisdschungel der Bundesrepublik. Zur Webseite:
https://www.hochstamm-deutschland.de/preisbarometer
Warum ein Preisbarometer Streuobst?
Darum: Kaum einer hat den Überblick, welcher Abnehmer wie viel für’s Mostobst zahlt. Ziel ist es, Transparenz für Streuobstbewirtschaftende und Abnehmende von Mostobst zu schaffen. Durchsichtige Preise sorgen dafür, dass jeder Markteilnehmer seine Möglichkeiten kennt und dementsprechend handelt. Obstlieferanten erhalten die Chance, ihre Mengen zu bündeln und an besser zahlende Abnehmer auch über weitere Strecken zu liefern. Wird dies vertraglich festgelegt, hilft dies sowohl den Abnehmern (Planungssicherheit) als auch den Lieferanten (höhere Preise). Abnehmer bekommen Wissen über Preise ihrer Mitbewerber und verspüren einen Anreiz, möglichst attraktiv für zahlreiche Erzeuger zu werden.