Neue Outdoortrends, Social-Media-Hypes und steigender Verkehrsdruck: Wie können Regionen im Alpenraum damit umgehen? Eine «virtuelle Nachmittagswanderung zu ausgewählten Beispielen für Besucherlenkung in den Alpen» ermöglichte den internationalen Erfahrungsaustausch zu dieser und ähnlichen Fragen. CIPRA International und das Gemeindenetzwerk Allianz in den Alpen organisierten die Online-Konferenz als Teil des Projekts speciAlps2.
Unterwegs zum Naturraum
«Das Wissen, wie man öffentliche Verkehrsmittel nutzt, um zum Berg zu kommen, ist verschüttet», meint Martin Heppner von der österreichischen Non-Profit-Organisation «Bahn zum Berg». Er gründete 2015 das gleichnamige Tourenportal. Autorinnen und Autoren beschreiben dort, wie sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Ausgangspunkt der Tour fahren, wie sie die Tour erleben – und sie berichten auch über die Rückfahrt.
Fotos auf Social Media machten die kleine Ranui-Kirche im Südtiroler Vilnösstal urplötzlich zum begehrten Fotomotiv für Gäste aus aller Welt – zu viele für das enge Tal. Abhilfe schafft nun ein Drehkreuz mit Zahlstelle sowie ein Fotopoint. Die Strasse zur Kirche wurde gesperrt und ein Wanderparcours angelegt. Parkgebühren werden eingehoben, öffentliche Busse fahren im Stundentakt ins Tal, zusätzlich informiert eine Broschüre in englischer und chinesischer Sprache.
Auch im slowenischen Soča-Tal und am gleichnamigen Fluss hat sich der Tourismus innerhalb der letzten Jahre rasant entwickelt. «Wir haben sehr viel von unseren Fehlern in der Vergangenheit gelernt», sagt Tourismusdirektor Viljam Kvalič. Ob Rafting, Fischen, SUP oder Canyoning: Um die Natur vor Ort nicht zu überlasten, müssen Gäste nun je nach Sportart oder Aktivität Erlaubnisscheine erwerben, die sie an Zu- und Ausfahrtsstellen vorweisen.
Unterwegs im digitalen Raum
«Bei allem guten Willen kann Besucherlenkung an Grenzen stossen», meint Carolin Scheiter vom Nationalpark Berchtesgaden/D. Eine bekannte Influencerin hatte ein Foto und einen Drohnenflug über dem «Natural Infinitypool» beim Königsbachfall mitten im Schutzgebiet gepostet. Hunderte Besucher:innen täglich vermüllten und zertrampelten die Vegetation. Der Nationalpark stellte Hinweisschilder auf, startete eine Social-Media-Kampagne, postete Videoclips, sprach Leute direkt an. «Likes hat uns das ganz viele gebracht, aber funktioniert hat das im Gelände nicht. Schlussendlich haben wir ein Betretungsverbot eingeführt», so Scheiter.
Magdalena Kalus ist selbst Bloggerin und Influencerin und betreibt mit Anja Kaiser den Instagram-Account «youareanadventurestory». Neben zahlreichen Posts zu Wanderungen im Sommer und Winter nutzen sie auch ihre Reichweite, um auf das Thema Müllverschmutzung in der Natur unter dem Hashtag #naturschutzbeginntmitdir aufmerksam zu machen. Kalus meint: «Ich würde empfehlen, Influencer, die in der Gegend wohnen, einfach anzusprechen: Habt ihr nicht auch mal Lust, was dazu zu teilen?»
Auf Digitale Ranger setzt der Naturpark Nagelfluhkette, Florian Heinl ist einer von ihnen. Er spricht User auf problematische Postings an. Der nächste Schritt wären automatisierte Ranger und Chat-Bots, die erklären, warum man eine Tour beispielsweise zu einer bestimmten Zeit nicht machen sollte. Daran arbeitet der Naturpark gemeinsam mit der Initiative «Digitize the Planet» und der Uni Bayreuth. «Es ist sehr aufwändig, aber wir werden uns immer mehr online bewegen müssen», meint Heinl.
Über das Projekt speciAlps2
Die Veranstaltung «Spurenarm unterwegs» war das erste internationale Austauschtreffen im Rahmen des alpenweiten Projekts speciAlps2, in dem vier Pilotregionen Massnahmen zur Besucher:innenlenkung testen: Naturpark Tiroler Lech/A, Steiner und Sanntaler Alpen/SL, Bergsteigerdorf Balme/I und Bad Reichenhall/D. Das Projekt wird getragen von CIPRA International und dem Gemeindenetzwerk Allianz in den Alpen. Es wird ermöglicht durch das Deutsche Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU).