Globale und lokale Trends im Gesundheitsmarkt: vielfältige Entwicklungen
Dr. Frank Wartenberg, President Central Europe (Deutschland, Österreich, Schweiz) von IMS HEALTH, gab zur Einführung einen Überblick auf die Entwicklung des weltweiten und deutschen Pharmamarktes. Nach Wachstumsschwächen in den letzten Jahren und einer Talsohle in 2012 gibt es nunmehr Anzeichen für eine Erholung des globalen Pharmamarktes. Ein wesentlicher Grund hierfür liegt darin, dass das sog. Patent-Cliff (Patentabläufe der letzten Jahre in Milliardenhöhe) als weitgehend überwunden gilt. Der globale Output bei Forschung und Entwicklung werde sich etwas verbessern.
Wachstumstreiber sind die sog. "Pharmerging Markets" (China, Brasilien, Russland, Indien, Mexiko, Türkei). Als Konsequenz der begonnenen Entwicklung wird sich China voraussichtlich bis 2017 als Nummer zwei im Pharmaweltmarkt mit einem geschätzten Volumen zwischen 167 und 187 Milliarden US Dollar hinter den USA etablieren können. Zum Wachstum in den aufstrebenden Ländern tragen maßgeblich Generika, lokale Unternehmen und Spezifika der Märkte (z.B. die traditionelle chinesische Medizin, TCM) bei.
Für die Einführung neuer Produkte bleiben die etablierten Märkte relevant, auch wenn sich das Wachstum abschwächen wird, insbesondere in den USA und Japan.
Die Rahmenbedingungen für den Launch und die Marktdurchdringung neuer Präparate sind vor dem Hintergrund von Gesundheitsreformen, die in vielen Ländern durchgesetzt wurden und das Ziel der Kosteneindämmung mit sich führen, weiterhin als schwierig anzusehen. Hier komme es darauf an, so Wartenberg, den Nutzen für Patienten und Kostenträger zu verdeutlichen.
Der gesamte Arzneimittelmarkt in Deutschland zeigt aktuell ein leichtes Wachstum, das vor allem im Kliniksektor spürbar wird und auf den Einsatz innovativer Medikamente zurückzuführen ist. Im Vergleich verschiedener Therapiebereiche sind Originalpräparate vor allem in der Krebstherapie bedeutsam. Im Blick auf bisherige Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Nutzenbewertungen neuer Arzneimittel ergibt ein vorläufiges Fazit, dass beim gegenwärtigen Stand immerhin etwa die Hälfte der Präparate einen erheblichen oder beträchtlichen Zusatznutzen zuerkannt bekam. Allerdings, so Wartenberg, seien diese oftmals auf kleine Patientensegmente zugeschnitten. Um eine Versorgung sicher zu stellen, die Patienten mit entsprechendem Bedarf zu Gute kommt und um eine hochwertige Versorgung zu befördern, komme es auf zunehmend auf Versorgungsforschung an, um die Sicherheit, Wirkung und den Nutzen von Medikamenten in der alltäglichen Anwendung zu belegen.
Versorgungsforschung: im internationalen Vergleich unterschiedlich weit gediehen
Das Thema Versorgungsforschung stand im Mittelpunkt des Vortrags von Jon Resnick, Vice President und General Manager für den Bereich "Real World Evidence Services" bei IMS Health im internationalen Bereich. Er beschäftigte sich mit den Herausforderungen, die sich ergeben, um vielfältig vorhandene, unterschiedliche Daten aus dem Versorgungsalltag zueinander in Beziehung zu setzen, um relevante Fragestellungen zu beantworten. Die Abbildung von Behandlungen im Alltag vermöge letztlich auch klinische Studien optimieren zu helfen sowie auch im wissenschaftlichen Kontext noch offene Fragen zu beantworten. Resnik zeigte auf, dass die Durchführung von "RWE"-Studien ("real world evidence") im internationalen Vergleich sehr unterschiedlich gelagert ist. Dabei sind mehrheitlich Kostenträger die Initiatoren, weniger die pharmazeutische Industrie, wenngleich sich hier Änderungen abzeichnen. RWE-Studien seien auch über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg relevant, die Ergebnisse lieferten wertvollen Input u.a. für die Forschung und Entwicklung, Marktzugangsstrategien, Einblicke in die Anwendung von Arzneimitteln oder auch Entwicklung von Geschäftsmodellen.
Gemessen an der Anzahl durchgeführter Studien steht Italien an der Spitze, vor den USA und Großbritannien. Deutschland und Dänemark bilden im Vergleich von zehn Ländern die Schlusslichter. Interessant ist allerdings, dass die wenigen in Deutschland initiierten Studien mehr von der Industrie als von den Krankenkassen initiiert wurden.
Resnick bewertete die aktuelle Situation nach dem Wert verfügbarer Informationen insgesamt als von der pharmazeutischen Industrie noch unterschätzt. Es komme daher darauf an, den Wert dieser Informationen für viele Bereiche - nicht nur die eigentliche Gesundheitsversorgung, sondern z.B. auch für Wirtschaft, Gesellschaft, Organisationen usw. - herauszuarbeiten, da diese alle davon eine Nutzen hätten. Um dies zu erreichen, seien Plattformen hilfreich, die Transparenz über "Real World Evidence"-basierte Studien bieten.
Nach der Bundestagswahl 2013 in Deutschland: quo vadis Parteien und Politik?
Prof. Dr. Patzelt von der Technischen Universität Dresden skizzierte in seinem Vortrag unter dem Titel "Nach der Wahl die Qual? Innen- und europapolitische Folgen der Bundestagswahl 2013" die Dilemmata der Parteien, die in der gegebenen Situation für eine Regierungskoalition in Frage kommen. Er beleuchtete in diesem Zusammenhang mögliche parteispezifische Hintergründe des Wahlausgangs, Ausrichtungen der Parteien und Passungen unterschiedlicher Parteien für Regierungskonstellationen entsprechend den jeweiligen Programmatiken. Schließlich beschrieb Patzelt auch die anstehenden Schritte für den Fall, dass keine Koalition zustande kommt.
Helmut Laschet, stellvertretender Chefredakteur und Ressortleiter Gesundheitspolitik/Gesellschaft der ÄrzteZeitung, ging nach einem Rückblick auf die vergangene Legislaturperiode in seinem Vortrag auf zukünftige Handlungsfelder im Bereich der Pharmapolitik ein. Er skizzierte verschiedene Optionen mit Relevanz für die pharmazeutische Industrie und dachte wahrscheinliche Änderungen bzw. Maßnahmen an, ohne diese im partei- bzw. koalitionsspezifischen Zuschnitt zu betrachten, da bezüglich pharmapolitischer Maßnahmen durchaus ein gewisser Grundkonsens herrsche. Denkbar seien vor allem graduelle Änderungen hinsichtlich des AMNOG-Prozesses, bspw. eine bessere Abbildung patientenrelevanter Versorgungsaspekte wie der Lebensqualität im Rahmen von Nutzenbewertungen sowie Justierungen bei Zwangsrabatten.