Dennoch haben viele deutsche Erwachsene diesbezüglich noch keine ausreichenden rechtlichen
Regelungen getroffen. Beim Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer sind aktuell 5 Mio. Vorsorgedokumente** registriert. Bei ca. 70 Mio. Erwachsenen in Deutschland*** sind das gerade einmal 7,14%. Da keine gesetzliche Eintragungspflicht für Vollmachten bei der Bundesnotarkammer besteht, kann man davon ausgehen, dass die Prozentzahl zwar nicht ganz so niedrig, aber dennoch erschreckend gering ausfällt. Warum ist das so? Vielleicht, weil die meisten denken, dass sich die Familie bzw. der Ehepartner im Ernstfall um alles dauerhaft kümmert.
Mecklenburg-Vorpommerns Justizministerin Katy Hoffmeister erklärte hierzu kürzlich: „Zu glauben, Eheleute könnten sich im Fall einer Betreuungsbedürftigkeit (…) automatisch gegenseitig vertreten, sei ein Irrtum“, und betonte die Bedeutung von Vollmachten (ZEIT ONLINE). Daran ändert auch das im Januar 2023 eingeführte Ehegatten-Notvertretungsrecht nichts. Dieses regelt eine Vertretung unter Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern ausschließlich für den Gesundheitsbereich für maximal sechs Monate. Eine fehlende Vorsorgevollmacht kann nach dieser Zeit oder für andere Bereiche wie Finanzen oder Pflege laut Gesetz zu einer gerichtlich veranlassten rechtlichen Betreuung führen, die die Familie ohne Entscheidungsgewalt zurück lässt. Sonstige Familienangehörige oder Vertrauenspersonen haben ohne eine rechtskonforme Vorsorgevollmacht von Anfang an keine Möglichkeit die betroffene Person automatisch zu vertreten. Die Politikerin betonte deshalb in diesem Zuge, dass «Vorsorgevollmachten (…) Vorrang gegenüber dem neuen gesetzlichen Notvertretungsrecht für Ehepaare und eingetragene Lebenspartner» haben. Denn: Diese Regelung kann die Erstellung einer Vorsorgevollmacht nicht ersetzen. „Auch dann kann das Fehlen einer umfassenden Vorsorgevollmacht zu einer gerichtlich veranlassten rechtlichen Betreuung führen“, so die Politikerin.
Ihr Appell: „Jeder Erwachsene sollte eine Vorsorgevollmacht erstellen, sofern eine Vertrauensperson diese Aufgabe übernimmt“, denn sie bewahrt Menschen in Notfällen dauerhaft davor, von den Entscheidungen Fremder in den Bereichen Finanzen, Pflege und Aufenthalt abhängig zu sein. Gleichzeitig werden die Familien der Betroffenen entlastet. Es wird zudem sichergestellt, dass schnelle Entscheidungen von Vertrauenspersonen vollumfänglich und dauerhaft getroffen werden können.
Aber aufgepasst: Vollmacht ist nicht gleich Vollmacht. In einem aktuellen Online- Bericht des Fernsehsenders NTV wird nochmals betont, wie wichtig es ist, dass in der Vorsorgevollmacht genau steht, wer wen wozu bevollmächtigt. Bei Vorlagen sollte demnach geprüft werden, ob alle wichtigen Aspekte einer rechtskonformen Vorsorgevollmacht beinhaltet sind. Je genauer die Aufgaben und Zuständigkeitsbereiche festgelegt sind, umso besser. Laut NTV raten Experten dazu, eine Vollmacht „juristisch prüfen zu lassen, damit sie im Vorsorgefall auch wirklich hilft.“
Fazit: Ein Unfall oder eine Krankheit kann jeden jederzeit treffen. Ist man dann nicht in der Lage, seine Angelegenheiten selbst zu regeln, muss dies per Gesetz ein rechtlicher Vertreter übernehmen. Daher ist es ab Erreichen der Volljährigkeit besonders wichtig, früh genug mit einer Vorsorgevollmacht für den Notfall vorzusorgen. Nur so ist sichergestellt, dass Angehörige schnell, dauerhaft und vollumfänglich für den Betroffenen handeln können, ohne durch das Gericht fremdbestimmt zu sein. Damit die Vorsorgevollmacht im Ernstfall auch greift, ist es ratsam, bei der Erstellung juristische Hilfe in Anspruch zu nehmen oder sich an Experten zu wenden.
Quellen: *statista.com, **bnotk.de, ***destatis.de, zeit.de, n-tv.de
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei Personenbezeichnungen die männliche Form verwendet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter.