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Wie promoviert man eigentlich im Design?

Sophie Heins hat an der Muthesius Kunsthochschule einen Doktortitel in Kunstwissenschaft erworben / DGTF-Tagung und Kolloquium vom 2. bis 4. Juni in Kiel

(lifePR) (Kiel, )
Sophie Heins ist eine Exotin. Vor kurzem hat sie an der Muthesius Kunsthochschule ihre Promotionsurkunde erhalten. Seitdem trägt sie einen Doktortitel: im Design. Und das ist eine wissenschaftliche Besonderheit. Denn im Design zu promovieren, ist in Deutschland laut Hochschulkompass an lediglich acht künstlerischen Hochschulen möglich. Die Muthesius Kunsthochschule ist eine von ihnen. Seit 2008 verfügt sie über das Promotionsrecht. Das heißt: In den Fächern Design-, Medien-, Kunstwissenschaften und Raumstrategien können Absolventinnen und Absolventen den Titel Dr. phil. erlangen. Seither sind in Kiel 25 Promotionsanträge angenommen worden – sieben Antragstellende haben hier inzwischen promoviert.

„Ich bin total froh, dass ich an der Muthesius Kunsthochschule die Chance bekommen habe“, sagt Sophie Heins. Denn studiert hat die 41-Jährige gar nicht in Kiel. Sondern in Hamburg. An der Uni Hamburg hat sie zunächst Volkskunde studiert – was inzwischen Kulturanthropologie heißt. Anschließend hat sie an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) in Hamburg ihr Diplom in Kommunikationsdesign absolviert. „Aber das wissenschaftliche Arbeiten hat mich nie losgelassen“, sagt sie. Weil die HAW Hamburg jedoch kein Promotionsrecht hat, hat Sophie Heins sich informiert – und ist schließlich in Kiel bei Prof. Dr. Norbert M. Schmitz gelandet. Sie weiß: „Im Design zu promovieren, ist relativ neu. Und es ist etwas anderes, als in den klassischen wissenschaftlichen Fächern zu promovieren.“ Gemeinsam jedoch ist allen, dass „sehr viel recherchiert, analysiert und geschrieben“ wird, sagt Sophie Heins. Regelmäßig hat sie sich rund drei Jahre lang mit den Betreuern ihrer Arbeit abgestimmt, hat Feedback eingeholt – und auf den Abgabetermin hingearbeitet. Mit Erfolg.

Geforscht hat Sophie Heins an der Muthesius Kunsthochschule zum „Ethos in Nachhaltigkeitsberichten“. Ihre Dissertation untersucht die visuelle Darstellung von Glaubwürdigkeit. Wie sie auf das Thema gekommen ist? „Ich habe nach dem Studium als Designerin in einer Agentur gearbeitet und bin dort mit Nachhaltigkeitsberichten in Kontakt gekommen“, sagt die 41-Jährige. Die Berichte haben sie gleich fasziniert – so sehr, dass sie für ihre Arbeit 29 Nachhaltigkeitsberichte auf bestimmte Parameter hin untersucht hat.

Warum werden die Berichte so gestaltet, wie sie gestaltet sind? Welche Rolle spielt die Darstellung von Daten und Fakten? Und welche Funktion haben sie in Bezug auf das Erzeugen von Glaubwürdigkeit? Welche visuell-argumentativen Strategien verfolgen die im DAX dotierten Unternehmen mit ihren Nachhaltigkeitsberichten? All diese und weitere Fragen hat Sophie Heins in ihrer designtheoretischen Analyse untersucht.  Sie ist auf sehr designlastige Berichte gestoßen, aber auch auf unglaubwürdigere Darstellungen, die mit vielen Stock-Agenturbildern angereichert sind. „Nachhaltigkeitsberichte sind rhetorische Medien, die die Leser von der Glaubwürdigkeit der Handlungen der berichtenden Unternehmen überzeugen sollen“, hat sie festgestellt. Und: „Die Bedeutung von Nachhaltigkeitsberichten wird zukünftig noch zunehmen, da voraussichtlich immer mehr Unternehmen berichtspflichtig werden.“ Welche Berichte sie überzeugend fand? „Das waren die Berichte, die ausgewogen, angemessen und glaubwürdig gestaltet waren und die es geschafft haben, eine Ausgewogenheit zwischen Information und Eigenwerbung herzustellen.“

Über „Glaubwürdigkeit oder Greenwashing? Welches Ziel verfolgt das Design von Nachhaltigkeitsberichten?“ spricht Sophie Heins am Donnerstag, 2. Juni, ab 13.45 Uhr bei der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Designtheorie und -forschung (DGTF), die die Muthesius Kunsthochschule ausrichtet. Am 2. und 3. Juni geht es an der Kieler Legienstraße um „Design x Sustainability“, denn das Thema Nachhaltigkeit spielt im Design und in der Lehre eine große Rolle – besonders an der Muthesius Kunsthochschule.

„Als Kunsthochschulen prägen wir, wie die Zukunft gestaltet wird“, sagt Dr. Annika Frye. Sie ist Professorin für Designwissenschaft und für Designforschung an der Muthesius Kunsthochschule und gehört dem Tagungskomitee der Deutschen Gesellschaft für Designtheorie und -forschung (DGTF) an. Der 2003 gegründete gemeinnützige Verein befasst sich mit der Diskussion, dem Austausch und der Profilierung designrelevanter Themen. Die rund 300 Mitglieder des Forums für öffentliche Debatten stammen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. „Das Thema Nachhaltigkeit spielt an unserer Kunsthochschule eine tragende Rolle“, sagt Annika Frye – egal, ob es um Materialforschung, um Wertschöpfungsketten oder um ganzheitliche Gestaltungskonzepte geht.

Im Anschluss an die Tagung richtet die Muthesius Kunsthochschule am Samstag, 4. Juni, das Kolloquium „Design promoviert“ aus: Die Themengruppe innerhalb der DGTF ist von Doktorandinnen und Doktoranden aus ganz Deutschland organisiert und stellt Promotionsarbeiten aus dem Design vor. Noch bis Mittwoch, 25. Mai, können Beiträge eingereicht werden, eine Anmeldung zur kostenfreien Teilnahme ist bis Dienstag, 31. Mai, möglich. Außerdem gibt es einen Online-Stream, um die Beiträge zu verfolgen.

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