In den meisten Bundesländern war dies bisher nicht erlaubt. Dagegen wehren sich immer mehr Medizinerinnen. Allen voran die weiblichen Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU). „Operieren in der Schwangerschaft geht, wenn Chefarzt und Ärztin das wollen. Bei uns wird es bereits erfolgreich praktiziert“, sagt Prof. Dr. Andrea Meurer, Direktorin der Orthopädischen Universitätsklinik Friedrichsheim in Frankfurt und ab 2017 Präsidentin des DGOU. In der Uniklinik Friedrichsheim ist der Anteil der Ärztinnen im Operationssaal mit 50 Prozent besonders hoch. „Schwangere Operateurinnen sind überhaupt kein Problem, wenn das Team dies mitträgt“, sagt Professor Meurer.
Bislang führte eine Schwangerschaft bei vielen Ärztinnen zu einem weitgehenden Tätigkeitsverbot – mit den entsprechenden Auswirkungen auf die weitere Karriere in den Kliniken. Auch deshalb wollen 88 Prozent der schwangeren Chirurginnen weiterhin am Operationstisch stehen, wie eine deutschlandweite Umfrage zeigt. „Die Ärztin muss aber frei entscheiden können, ob sie während ihrer Schwangerschaft operieren will. Ein zwangsweiser Einsatz im OP-Saal muss ausgeschlossen sein“, meint Professor Meurer.
Medizinischer Fortschritt minimiert Risiken
Bisher verhinderten die aus dem Jahr 1952 stammenden Mutterschutzgesetzte und die unterschiedliche Auslegung der Paragraphen durch die Aufsichtsbehörden in vielen Fällen den Einsatz schwangerer Ärztinnen im Operationssaal. „In der Praxis haben sich die Bedingungen im OP für Schwangere aber durch die enormen Fortschritte in der Medizin in den letzten Jahren stark geändert“, so Professor Meurer. Als Risikofaktoren für Schwangere galten in der Vergangenheit zum Beispiel der Einsatz von Narkosegasen oder die Strahlenbelastung durch Röntgen während der Operation. Die Gefahr von Infektionen durch Hepatitis oder HIV lässt sich durch entsprechende Schutzmaßnahmen auf ein Minimum reduzieren. Hinzu kommt: Weder das geltende Mutterschutzgesetz noch die Verordnung zum Schutz der Mütter am Arbeitsplatz schließen den Umgang mit schneidenden und stechenden Instrumenten und somit einen Einsatz im Operationssaal explizit aus.
Jetzt fordern unter anderem die im DGOU zusammengeschlossenen Chirurginnen eine zeitgemäße Anpassung der Mutterschutzgesetze und vor allem eine bundesweit einheitliche Regelung. In der Praxis haben viele Chirurginnen und auch Kliniken der überfälligen Änderung der Mutterschutzvorschriften bereits vorgegriffen: Mittlerweile gibt es in deutschen Kliniken bereits Ärztinnen, die bis zum sechsten Monat ihrer Schwangerschaft oder sogar noch länger im OP arbeiten.