Herr Herzog, was war die zündende technische Idee hinter der Gründung von Pendix?
Wir hatten zu der Zeit in unserer ersten Firma Entwicklungsdienstleistungen für Kunden angeboten. Dazu gehörte 2012 auch das Unternehmen Mifa, für das wir einen Lastenradantrieb entwickelt haben. Das Projekt hat uns damals so sehr gefesselt, dass wir als nächsten Schritt einen eigenen Antrieb nach unseren Vorstellungen entwickeln wollten. So kam dann alles ins Rollen.
Auf welchen technischen Background blicken die Gründer Ihres Unternehmens zurück?
Wir haben damals alle an der Westsächsischen Hochschule Zwickau ein Ingenieursstudium abgelegt und uns im „Formula Student“-Projekt kennengelernt. Das ist ein internationaler Wettbewerb, bei dem Studenten Rennfahrzeuge selbst konstruieren und damit dann gegeneinander antreten. Neben dem Ingenieursstudium hatten alle unsere Gründer zuvor bereits eine praktische Ausbildung in den Bereichen Technik oder Wirtschaft absolviert.
Können Sie beschreiben, was damals die Besonderheiten der ersten Pendix-Entwicklung waren?
Sehr gern. Uns war es wichtig, dass unser eigener Motor geräuschlos arbeitet und keinen spürbaren Tretwiderstand erzeugt. Daneben musste unsere Konstruktion sehr flexibel bei unterschiedlichsten Fahrradmodellen einsetzbar sein und wirklich eine Nachrüstung auf Niveau der großen Hersteller bieten.
Und wie wurde Ihre Idee vom Markt später angenommen?
Das war eine wirklich einschneidende Erfahrung und ein Erlebnis, das wir nicht mehr vergessen werden: Wir waren 2014 das erste Mal auf der Fahrradmesse Eurobike in Friedrichshafen und haben unser System dort der Öffentlichkeit gezeigt. Da sind mir Menschen in Erinnerung geblieben, die minutenlang gebannt an unserem Stand ausharrten und die Augen nicht mehr von unserem Produkt lassen konnten. Beim Weggehen haben sie sich mehrmals umgedreht und pure Begeisterung in den Augen gehabt. Das hat unserem Team dann noch einmal richtig Vortrieb für den Marktgang beschert.
Welche Erkenntnisse gab es aus dem Marktgang des ersten Produkts – welche Weiterentwicklungen haben Sie daraus abgeleitet?
Die Produkteinführung unseres ersten Nachrüstantriebs war 2015. Der hatte einen Akku mit 330 Wh. Durch den Einsatz in der Praxis, Feedback von Kunden und fortlaufende eigene Beobachtungen und Tests, hatten wir festgestellt, dass ein größerer Akku eine sinnvolle Ergänzung wäre. Durch die zunehmende Erfahrung mit dem System stießen wir sukzessive auf weitere Verbesserungsmöglichkeiten. Dazu zählten mehr Leistung, mehr Effizienz, ein externes Schloss, Schutzüberzüge sowie weitere Extras und kleinere Anpassungen. Die haben wir dann in den weiteren Modellgenerationen und bei Neuentwicklungen Stück für Stück realisiert. Und auch heute ist der Optimierungsprozess natürlich noch nicht abgeschlossen.
Können Sie uns etwas darüber erzählen, welche technischen Meilensteine dann folgten?
Gerne. Der nächste Meilenstein war 2017. Hier gingen wir mit einem größeren Akku mit 500 Wh an den Start. Das sorgte für noch mehr Reichweite und damit mehr Flexibilität und Einsatzmöglichkeiten unseres Nachrüstantriebs. 2020 folgte dann eine 65-Nm-Version unseres Motors. Mit diesem Update sorgten wir vor allem für mehr Effizienz. Gleich im darauffolgenden Jahr kam schließlich der eDrive IN heraus. Dabei handelte es sich um ein neues Konzept. Hier gingen wir weg vom Mittelmotor und realisierten stattdessen ein System mit Nabenantrieb. Das ist vor allem bei Lastenrädern sinnvoll, weil die Kraft so direkt am Rad anliegt.
Gibt es aktuell ein technisches Highlight im Unternehmen? Zu welchem Zweck wurde es entwickelt?
Ja, das ist der neue integrierte Mittelmotor gDrive, der 2025 auf den Markt kommen wird. Diesen haben wir gemeinsam mit unserem Gesellschafter Johnson Electric speziell für den Einsatz in City- und Trekkingfahrrädern entwickelt. Denn ein Mittelmotor mit Getriebe wie der gDrive ist von der Position her am Bike ideal, wenn es um ein natürliches Fahrgefühl geht. Zudem besitzt so ein Motor einen besseren Wirkungsgrad. Dadurch, dass der gDrive zudem geringe Abmessungen hat, leicht ist und direkt verbaut wird, kommen wir dem aktuellen Trend nach immer mehr Integration von Komponenten ins Bike nach. Ein wichtiger Aspekt ist für uns auch das Thema Nachhaltigkeit. Zusammen mit Johnson Electric sorgen wir für hohe Umwelt-, Arbeits- und Sozialstandards entlang der Wertschöpfungskette und setzen auf Reparieren statt Kompletttausch und Wegwerfen: Durch den modularen Aufbau unseres gDrive können bei Bedarf einzelne Elemente repariert, es muss nicht das gesamte System ersetzt werden.
Wie würden Sie die Entwicklung Ihres Unternehmens als Ganzes beschreiben – was macht Sie heute besonders froh und stolz?
Wir haben uns in den letzten zehn Jahren von einem kleinen Zwickauer Start-up zum etablierten Mittelständler entwickelt. Es lässt sich manchmal kaum fassen, wie schnell das alles ging. Manches war gefühlt erst gestern. Aber trotz der großen Veränderungen spürt man bei uns auch heute noch den Spirit eines agilen Unternehmens. Stolz sind wir vor allem auf die Einfachheit der Nutzung, die sich bei unseren Produkten in allen Details zeigt. Und besonders dankbar sind wir natürlich für alle, die uns bei unserer Reise bisher begleitet haben und dies auch weiterhin tun.
Weitere Informationen: https://pendix.de/