Das "Purpur-Knabenkraut" liebt die Wärme und das Licht. Beste Voraussetzungen für den Wuchs der Pflanze bieten Kalkböden wie sie Misburg und Anderten zu finden sind, berichtet Wolfgang Stern. Seit dem Jahr 2003 führt die AHO mit dem Fachbereich Umwelt der Region Hannover jährlich ein "Orchideen-Fundstellen-Monitoring" durch. Ehren- und hauptamtlicher Naturschutz dokumentieren gemeinsam in einer Datenbank den Bestand aller in der Landeshauptstadt und dem Umland vorkommenden wild wachsenden heimischen Orchideen. Dadurch ist es möglich, Schutz- und Erhaltungsmaßnahmen zu koordinieren und durch gezielte Arbeitseinsätze noch vorhandene Wuchsorte von Orchideen zu fördern.
In der Kartierungskampagne 2012 konnten in der Region Hannover 23 von insgesamt zurzeit 65 in Deutschland beheimateten Orchideenarten nachgewiesen werden. Wolfgang Stern: "Das erscheint viel, darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass in den vergangenen Jahrzehnten viele intakte Lebensräume verschwunden sind, so dass einige Arten bei uns nur noch an einem oder wenigen Wuchsorten zu entdecken sind."
Nur wenige Arten, wie das Mannsknabenkraut (Orchis mascula), das Gefleckte Knabenkraut (Dactylorhiza maculata) oder die Breitblättrige Stendelwurz (Epipactis helleborine) findet man in und um Hannover noch relativ zahlreich. Im Jahr 2012 konnten zwei der Arten nicht bestätigt werden.
Mit dem Fleischfarbenen Knabenkraut (Dactylorhiza incarnata), heute als Fingerwurz bezeichnet, obliegt der Region Hannover sogar eine besondere Verantwortung. Die auch als Fingerwurz bezeichnete Pflanze kommt in Niedersachsen außer im Umland von Hannover nur noch im Küstenbereich und auf den nordfriesischen Inseln vor und wird in der "Roten Liste" der Farn- und Blühpflanzen in die Gefährdungskategorie 1 eingestuft.
Die lichthungrigen Orchideen sind in ihren Biotopen durch Düngereintrag, Verbuschung und Aufforstung bedroht. Als Kulturfolger sind sie deshalb auf Pflegemaßnahmen durch den Menschen angewiesen. "Der Verlust von noch überwiegend naturnahen Biotopen kann so verringert, wenn nicht gar gestoppt werden kann"; sagt Wolfgang Stern, "unsere Vorkommen der meist konkurrenzschwachen Orchideen belegen das eindrücklich."
Die in Deutschland heimischen Orchideen blühen im Frühjahr und im Sommer. Sie wachsen im Gegensatz zu ihren tropischen Verwandten nicht auf Bäumen, sondern ausnahmslos am Boden. Orchideen sind Spezialisten, die als Lebensräume ungedüngte Feuchtwiesen, Magerwiesen, wärmedurchflutete Laubmischwälder auf kalkhaltigen Böden, Moore oder Sekundärbiotope wie Steinbrüche oder Mergelgruben bevorzugen. In ihren Biotopen sind sie häufig in Gesellschaft von anderen selten gewordenen Arten. Bei allen Aktivitäten zur Erhaltung und Entwicklung wird deshalb immer auch eine Vielzahl anderer schutzbedürftiger Pflanzen und Tiere begünstigt.