"Braucht es in Zeiten ausgefeilter Fahrerassistenzsysteme überhaupt noch große Anstrengungen in die passive Sicherheit?" Mit dieser provokanten Frage stieg der Vorsitzende des Programmausschusses, Dr. Lothar Wech von TÜV SÜD, in die Tagung ein. Schon die ersten Vorträge verneinten klar, dass "Dummies arbeitslos werden". Zwar hätten sie bereits Konkurrenz bekommen. Die Computersimulation und so genannte Human Body Models ersetzen und ergänzen klassische Crashversuche teilweise. Insgesamt steigt die Zahl der Tests aber weiter an. Ein Grund ist die Elektromobilität mit ihren teilweise völlig neuen Fahrzeugkonzepten, Werkstoffen und Sicherheitsanforderungen aus der Hochspannung.
Sicher waren sich die rund 130 Experten, dass auch das autonome Fahren tendenziell zwar mehr Sicherheit bringen, aber nicht automatisch völlig unfallfrei sein wird. Insofern wird auch diese umfassende Form eines Fahrerassistenzsystems die passive Sicherheit und ihre Überprüfung per Crashversuch nicht überflüssig machen.
Allerdings befassten sich die Teilnehmer der crash.tech 2014 nicht nur mit der gewollten Zerstörung von Autos. Das Auditorium bestand nicht einmal nur aus Experten für diese Disziplin. Unfallforscher waren ebenso vertreten wie Mediziner, die Spezialisten der Versicherer und Behördenmitarbeiter.
Dieser interdisziplinäre Ansatz ist seit jeher ein Kernelement des Kongresses, den TÜV SÜD Anfang der 1990-er Jahre ins Leben gerufen hat. Und jedes Mal werden aktuelle Gesichtspunkte besonders herausgearbeitet. Diesmal war es unter anderem die Sicherheit von Quads und Zweirädern.
Quads überfordern viele ihrer Käufer. Sie benehmen sich weder wie Autos, noch wie Motorräder, obwohl die meisten mit den Führerscheinen dieser Fahrzeugkategorien gefahren werden dürfen. In der Regel verfügen diese kleinen Vierrad-Fahrzeuge nicht über ein Differenzial. Das allein schon behindert die Kurvenfahrt. Dazu kommt, dass der Fahrer sich mit einem Quad nicht in die Kurve legen kann und viel Kraft für das Lenken aufbringen muss. Im Ergebnis gibt es viele Kurvenunfälle und Abkommen von der Straße. Die Unfallhäufigkeit von Quads ist bezogen auf die Fahrleistung laut einem Vortrag rund zehnmal höher als beim Auto.
Ähnlich kritisch sieht es beim Motorrad aus. Bei ihm lässt sich weit weniger passive Sicherheit einbauen als beim Auto. Deshalb befassten sich die Experten auf der crash.tech beispielsweise mit dem Lebensretter Nummer eins auf dem Motorrad, dem Helm. Hier wurden ebenso Verbesserungsmöglichkeiten aufgezeigt wie bei Schutzvorrichtungen entlang der Straße. Insgesamt bereitet die hohe Zahl der Unfalltoten beim Motorradverkehr den Experten weiterhin Sorge.
Mit der Entwicklung beim Autoverkehr könnten sie eigentlich zufrieden sein. Die Zahl der Getöteten im Straßenverkehr sank in Deutschland von ihrem Höhepunkt 1972 mit circa 22.000 auf 3.340 in 2013. Den größten Effekt zeigte dabei der Sicherheitsgurt. Doch nicht nur das Ziel der EU, die Zahl der tödlichen Unfälle bis 2020 gegenüber 2011 zu halbieren und bis 2050 sogar gegen null zu bringen, treibt die Spezialisten für Fahrzeug- und Verkehrssicherheit weiter an. So befassten sich mehrere Vorträge mit der Frage, inwieweit Ergebnisse von Crashversuchen auch in realen Unfällen nachvollziehbar und wie wirksam Fahrerassistenzsysteme wirklich sind. Oder, wie ein Auto direkt nach einem Aufprall noch weiter abgebremst werden kann, um Folgezusammenstöße und stärkere Verletzungen zu vermeiden. Hierbei könne die gar nicht so neue Technik des Antiblockiersystems (ABS) in etlichen Autos einen größeren Beitrag leisten.
Eher neu sind Werkstoffe wie mit Kohlefasern verstärkte Kunststoffe und Leichtbau. Hierzu beschäftigten sich die Teilnehmer der crash.tech nicht nur in Vorträgen. BMW stellte einen i3 als Anschauungsobjekt zur Verfügung - einen, der im Crashversuch bereits zeigen musste, dass die neue Technik durchaus hohe Ansprüche an die Sicherheit erfüllen kann.