1. Der Verband Deutscher Reeder begrüßt daher die aktuellen Bestrebungen im Rahmen der IMO, die Grenzwerte für Schiffsemissionen deutlich zu senken. Das internationale Regelwerk MARPOL Annex VI begrenzt schädliche Emissionen des globalen Verkehrsträgers Seeschifffahrt ohne Verzerrung des Wettbewerbs. Konsequenterweise befürwortet der VDR die begonnene Revision von MARPOL Annex VI zur weiteren Verringerung der Emissionen.
2. Die Seeschifffahrt ist bei weitem der umweltfreundlichste Verkehrsträger. Kein anderes Verkehrsmittel ist in der Lage, Güter mit einem geringeren Energieaufwand und geringeren Schadstoffemissionen zu befördern. Große Schiffsmaschinen haben den besten thermischen Wirkungsgrad aller Antriebsmaschinen. Es ist unvermeidlich, dass die Seeschifffahrt im interkontinentalen Verkehr der wesentliche Emittent von Luftschadstoffen ist, denn dort erbringt sie über 90% der Beförderungsleistungen. Die Seeschifffahrt transportiert ca. 40% der Güter im innereuropäischen Warenverkehr in Konkurrenz zu den Landverkehrsträgern. Veränderungen zu Lasten der Seeschifffahrt würden hier die Umweltgesamtbilanz negativ beeinflussen.
Schon aus diesen Gründen ist eine differenzierende Betrachtungsweise der einzelnen Emittenten geboten:
• Kohlendioxyd: Die Seeschifffahrt hat nur einen marginalen Einfluss auf die globale Bilanz der Emissionen von Treibhausgasen. Sie ist daher kein Faktor beim Klimaschutz. Der Anteil der Seeschifffahrt bei den Emissionen von CO2 liegt bei ca. 2% (Sternreport: 1,7%; DLR: 2,7%). Selbst signifikante Verringerungen der CO2-Emissionen von Schiffsmaschinen beeinflussen die Weltklimabilanz nicht wesentlich.
• Schwefeldioxyd: Der Anteil der Seeschifffahrt an den globalen Emissionen von SO2 liegt bei ca. 4%. Dies ist ein Durchschnittswert, der in küstennahen Gebieten, Revieren und Häfen zum Teil übertroffen wird. Dank der Einrichtung von Schwefelemissionskontrollgebieten (SECAs) sind bereits heute die maximalen Schwefelemissionen im Ostseegebiet auf ein Drittel begrenzt. Der Nordsee als nächster SECA ab August 2007 werden sicher weitere folgen.
• Stickoxyde: Der Anteil der Seeschifffahrt an den globalen Emissionen von NOx liegt in einer Größenordnung von ca. 7%. Die Emissionen von NOx können durch technische Veränderungen an den Schiffsmaschinen verringert werden. Mit der Verringerung von NOx-Emissionen ist jedoch immer ein Anstieg der CO2-Emissionen verbunden.
• Partikel: Partikel mit einer Größe von weniger als 10 Mikrometer gelten als schädlich. Die Seeschifffahrt hat in den küstennahen Gebieten einen nicht zu vernachlässigenden Anteil an den Gesamt¬emissionen. Die Emissionen von Partikeln können jedoch mit der Absenkung der SO2- und NOx-Emissionen erheblich verringert werden.
3. Der Verband Deutscher Reeder schlägt daher in Übereinstimmung mit dem internationalen Reederverband ICS und BIMCO folgende konkrete Maßnahmen vor:
• Mittelfristig sollten Schiffsmaschinen statt mit dem heute gebräuchlichen Schweröl mit Destillaten betrieben werden.
• Der globale Grenzwert für den Schwefelanteil im Schiffstreibstoff sollte von derzeit 4,5% auf 3% ab 2012 und auf 1,5% ab 2016 gesenkt werden.
• Der Grenzwert für den Schwefelanteil im Schiffstreibstoff in SECAs sollte von derzeit 1,5% auf 1% ab 2011 und auf 0,5% ab 2015 gesenkt werden. Damit müssten Schiffe in der zweiten Phase mit Destillaten betrieben werden.
• Der maximale Schwefelgehalt von Schiffstreibstoffen während der Liegezeit in europäischen Häfen nach der EG-Richtlinie 2005/33 mit aktuell 0,2% und 0,1% für Schiffe sollte Bestand behalten.
• Die geltenden Grenzwerte für Stickoxyde sollten ab 2011 um 20% und ab 2017 mit Hilfe von Abgasnachbehandlungsanlagen um 80% verringert werden.
• Die Begrenzung von Partikelemissionen ergibt sich aus der Absenkung des Schwefelgehalts von Brennstoffen. Die Anforderungen an Katalysatoren oder Filter bedürfen noch weiterer Untersuchungen und Diskussionen.
4. Die vorgeschlagenen Maßnahmen bedeuten einen signifikanten Beitrag der Seeschifffahrt zur Verringerung schädlicher Emissionen in die Atmosphäre.
Es sollte den Schifffahrtsunternehmen unbenommen bleiben, die gesetzten Ziele durch alternative Maßnahmen zu erreichen. Als Alternativen sollte der Einsatz von Abgasnachbehandlungsanlagen, Landstromversorgung und von emissionsfreien Antrieben (Windkraft, Brennstoffzellen) ebenso zugelassen werden wie die Einbeziehung der Seeschifffahrt in den Emissionshandel in Betracht kommt.
Ungeachtet der genannten Ziele hält der VDR es für unbedingt erforderlich, die Effekte aller Maßnahmen wissenschaftlich zu untersuchen. Es ist unverzichtbar, die ökologische Gesamtbilanz der Maßnahmen zu ziehen, denn die Verringerung von schädlichen Emissionen in der Schifffahrt darf nicht durch eine Vergrößerung der Emissionen an anderer Stelle überkompensiert werden.