Der Kläger war bei der Beklagten seit 1987 beschäftigt. Am 19.05.2011 kündigte die Beklagte dem Kläger außerordentlich und hilfsweise ordentlich zum 31.12.2011. Das Kündigungsschreiben enthielt folgenden Passus: "Im Fall der Wirksamkeit der hilfsweise fristgemäßen Kündigung werden Sie mit sofortiger Wirkung unter Anrechnung sämtlicher Urlaubs- und Überstundenansprüche unwiderruflich von der Erbringung Ihrer Arbeitsleistung freigestellt." Die Parteien schlossen im Kündigungsschutzverfahren einen Vergleich, in dem sie sich auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereits zum 30. Juni 2011 einigten. Trotzdem verlangte der Kläger Urlaubsabgeltung für 2011. Dem Grunde nach gab das BAG dem Kläger Recht.
Die Entscheidung:
Nach der bisherigen Rechtsprechung des BAG war es möglich, den Resturlaubsanspruch dadurch zu gewähren, dass der Arbeitgeber in dem Kündigungsschreiben vorsorglich für den Fall der Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung den Arbeitnehmer für die Dauer der Kündigungsfrist der hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung freistellte. Diese Rechtsprechung hat das BAG nun aufgegeben. Der Urlaubsanspruch kann nun nicht mehr allein durch eine unwiderrufliche Freistellung erfüllt werden.
Für die Erfüllung des Urlaubsanspruchs ist es nunmehr notwendig, dass der Arbeitnehmer nicht nur von der Arbeitspflicht befreit wird, sondern auch das Urlaubentgelt erhält. Der Urlaubsanspruch verfolgt das Ziel, es dem Arbeitnehmer zu ermöglichen, sich zu erholen. Dieser Zweck kann laut BAG nur erreicht werden, wenn der Arbeitnehmer während dieses Zeitraums auch Sicherheit über sein Einkommen für diesen Zeitraum hat. Dem Arbeitnehmer müsse deshalb im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Urlaubs die Vergütung sicher sein. Hierfür ist es erforderlich, dass dem Arbeitnehmer das Urlaubsentgelt zum Zeitpunkt der Freistellung entweder gezahlt oder zumindest vorbehaltlos zugesagt wird.
Praxistipp:
Die Entscheidung betrifft alle Arbeitgeber. Bisher verwendete Vorlagen für außerordentliche Kündigungen müssen angepasst werden. Will der Arbeitgeber nicht riskieren, dass er trotz Freistellung während der Kündigungsfrist nach Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens sowohl das Arbeitsentgelt als auch zusätzlich Urlaubsabgeltung zahlen muss, muss er dem Arbeitnehmer im Kündigungsschreiben das Urlaubsentgelt mindestens für den bereits entstandenen Urlaub vorbehaltlos zusagen, sonst kann keine Erfüllung eintreten. Die entsprechende Formulierung könnte lauten: "Für den unwahrscheinlichen Fall der Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung stellen wir Sie hiermit für die Dauer der Kündigungsfrist der hilfsweise erklärten fristgemäßen Kündigung mit sofortiger Wirkung unwiderruflich von der Pflicht zur Erbringung Ihrer Arbeitsleistung frei unter Anrechnung sämtlicher bis zum Zugang dieser Kündigung entstandener Urlaubsansprüche sowie etwaiger sonstiger Ansprüche auf Freizeitausgleich. Das Entgelt für den bereits entstanden und noch nicht genommenen Urlaub zahlen wir Ihnen mit dem nächsten Gehaltslauf aus." Wird die fristlose Kündigung vom Arbeitsgericht aufgehoben, kann die Urlaubsabgeltung mit dem nachzuzahlenden Gehalt verrechnet werden.