Die größte Gefahr liegt in der zunehmenden Industrialisierung und Globalisierung des weltweiten Olivenanbaus und -handels. Das Dossier Olivenöl 2015 (Hrsg: Merum – Zeitschrift für Wein und Olivenöl aus Italien) hat das Dilemma auf den Punkt gebracht. Auf die Frage, ob man mit Olivenöl Geld verdienen könne, lautet die Antwort: „Ja, indem man Olivenhainen den Rücken kehrt. Die Pflege von Olivenbäumen ist sehr aufwendig. Ein fettes Geschäft ist hingegen der Zukauf von Olivenöl, dessen Abfüllung und Vermarktung.“
Sprich, die hochwertigen, aus autochthonen Sorten gewonnenen Olivenöle verlieren an Wettbewerbsfähigkeit gegenüber der kostengünstigen, aber minderwertigen Massenproduktion. Olivenhaine werden in der Folge aufgegeben und nicht weiter bewirtschaftet. Stück für Stück gehen so Traditionen, aber vor allem Qualität verloren.
Presidio Slow Food Olio extravergine italiano mit Marco Rizzo und der Azienda Agricola Salella
Mit den „Presidi“ würdigt die Slow Food-Vereinigung, die in Italien ihre Wurzeln hat, die teils antiken Traditionen und die hohe Qualität vieler lokaltypischer Lebensmitteln aus reiner Handarbeit. Im süditalienischen Cilento zählen dazu zum Bsp. die Salami Soppressata di Gioi oder die Sardellen Alici di Menaica. Das Presidio schafft darüber hinaus Strukturen, um diese Art der Lebensmittelherstellung zu bewahren.
Mit dem Progetto Olio legte die italienische Slow Food-Vereinigung auch über den heimischen Olivenölmarkt schützend die Hand. Das Olio extra vergine italiano wurde 2015 zum Presidio Slow Food erklärt.
Rund 140 Hersteller aus ganz Italien sind Teil des Presidio Slow Food „Progetto Olio“. Im Nationalpark Cilento gehören dazu u.a. die Produzenten Marco Rizzo aus Felitto und die Familie De Iorio mit der Azienda Agricola Salella aus Salento.
Wie ihre Mitstreiter stehen sie ein für einen von Qualität geprägten und nachhaltigen Olivenanbau. Ihre Arbeit und ihr Engagement gehen dabei weit über die Produktion von echtem, reinem Olivenöl hinaus. Mit der Pflege und Kultivierung alter Olivenhaine, die besonders schwierig und arbeitsintensiv ist, schützen sie auf ihre Art die Sortenvielfalt des italienischen Olivenbestandes und bewahren ganze Landstriche vor der Verwilderung.
Was macht ein echtes italienisches Olivenöl extra vergine aus? Die Standards des Presidio Slow Food
1) Qualitativ hochwertige Olivenöle werden ausschließlich aus autochthonen, sprich ursprünglichen, lokalen, Olivensorten gewonnen, die zu 80% den hundertjährigen (oder älteren) Olivenhainen entspringen. In die Nähe dieser alten Bäume, die gerade im Cilento das Landschaftsbild so stark prägen, kommt keinerlei synthetischer Dünger oder sonstige Chemikalien.
2) Geerntet wird schonend per Hand bzw. mit Hilfe von Kämmmaschinen, die die Früchte sanft von den Bäumen schütteln. Ein absolutes Tabu ist es hingegen, über Wochen Netze unter den Bäumen auszulegen und zu warten, bis die überreifen Oliven von allein von den Ästen fallen.
3) Die Pressung eines guten Öls erfolgt stets unmittelbar und im sogenannten „ciclo continuo“, sprich einem einzigen, durchgehenden Arbeitsschritt – vom Waschen der Oliven bis zum Filtern des Olivenöls. Alle modernen, auf hohe Qualität bedachten Ölmühlen arbeiten heutzutage ausschließlich mit dem „ciclo continuo“. Die Ölmühlen von Marco Rizzo und der Cooperativa Nuovo Cilento sind gute Beispiele hierfür.
4) Im abschließenden Schritt gehören die Kennzeichnung von Herkunft bzw. Anbaugebiet, Sorte und Erntejahr auf das Etikett. So will es Slow Food, denn nur so kann dem weit verbreiteten Etikettenschwindel entgegengetreten werden.