Aktuell werden mit der EuroPrevall-Geburtskohorte1 die derzeitigen Häufigkeiten von Nahrungsmittelallergien ermittelt. Kuhmilchproteine gehören neben Hühnereiweiß zu den wichtigsten Auslösern einer Nahrungsmittelallergie im Säuglings- und Kleinkindalter.
Die Symptome können IgE-vermittelt sein und äußern sich dann in der Regel in Sofortreaktionen. Bis zur Hälfte aller Nahrungsmittelallergien, auch die Kuhmilchallergie, sind jedoch non-IgE-vermittelt und führen eher zu allergischen Reaktionen vom verzögerten Typ. Die Beschwerden einer Kuhmilchallergie können an der Haut, den Schleimhäuten der Atemwege, am Gastrointestinaltrakt oder auch systemisch auftreten, bis hin zum anaphylaktischen Schock. Am häufigsten finden sich Hautreaktionen mit Quaddeln und Quincke-Ödem und Verschlechterung einer bestehenden atopischen Dermatitis.
Etwa 60 Prozent aller Säuglinge entwickeln gastrointestinale Probleme.2 Gerade die Symptome am Gastrointestinaltrakt erschweren jedoch die Diagnose. "Sie sind häufig unspezifisch, wie Spucken, Schmerzen beim Trinken, Bauchschmerz bis hin zu Koliken, Fütterungs- und Gedeihstörungen," erläuterte Prof. Dr. med. Sibylle Koletzko, Leiterin der Abteilung Stoffwechsel und Ernährung am Dr. von Haunerschen Kinderspital der Ludwig-Maximilians-Universität München. Oftmals seien aber Motilitätsstörungen wie Obstipation oder Durchfall das einzige Symptom.
Die Prognose der Kuhmilchallergie, die meist im ersten Lebensjahr manifest wird, ist günstig:
87 Prozent der Kinder vertragen das Kuhmilchprotein im Alter von drei Jahren wieder2. Eine Allergie gegen Kuhmilchprotein könne sich aber auch bei älteren Kindern zum ersten Mal manifestieren, beispielsweise durch eine allergische Proktokolitis oder eine eosinophile Ösophagitis, verdeutlichte Koletzko.
Eine sorgfältige Anamnese weist den Weg
Aufgrund der oft unspezifischen Beschwerden werde die Kuhmilcheiweißallergie bei Säuglingen und Kindern häufig erst spät oder gar nicht erkannt, betonte Koletzko. Erhalten die betroffenen Kinder jedoch keine oder keine angemessene Behandlung, drohen beeinträchtigtes Wachstum und schlechtes Gedeihen.
Deshalb ist Koletzko zufolge für die Diagnose eine sorgfältige Anamnese erforderlich: Es gelte, die bisher aufgetretenen Beschwerden abzuklären und mögliche allergische Reaktionen auch an anderen Organsystemen zu beachten. Auch solle geprüft werden, welche Rolle Kuhmilch in der Ernährung spielt. Da jedes dritte Kind mit atopischer Dermatitis an einer Nahrungsmittelallergie leidet, solle man dabei immer auch an eine Kuhmilcheiweißallergie denken, erläuterte Prof. Kirsten Beyer, Leiterin der Sektion Kinderallergologisches Studienzentrum Charité - Universitätsmedizin Berlin. "Insbesondere bei Kindern, die stärkere Kortisonpräparate brauchen und bei denen die Neurodermitis bereits während der ersten drei Lebensmonate beginnt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie eine Nahrungsmittelallergie entwickeln - häufig gegen Kuhmilch, Hühnerei und Erdnuss", so Beyer.3
IgE-Messung und Haut-Prick-Test liefern lediglich Hinweise
Je stärker Anamnese und Befund auf eine Kuhmilchproteinallergie hinweisen, umso sinnvoller ist es, spezifisches IgE gegen Kuhmilchprotein zu messen oder einen Haut-Prick-Test durchzuführen.4 Je höher der Antikörpertiter oder je größer der Durchmesser der Quaddeln im Haut-Prick-Test, desto wahrscheinlicher ist das Vorliegen einer Kuhmilchproteinallergie. Ein negatives IgE im Serum oder ein negativer Hautpricktest schließt jedoch eine Kuhmilch-proteinallergie nicht aus, da bis zu 50 Prozent aller Nahrungsmittelallergien non-IgE-vermittelt sind. Insbesondere bei Symptomen am Gastrointestinaltrakt seien die Bluttests meist negativ, so die Erfahrung Koletzkos. Aber auch wenn der Test positiv ausfalle, sei das noch kein Beweis für eine Milchproteinallergie.
"Beweisend ist letztlich in den meisten Fällen nur eine Verbesserung oder Verschwinden der Symptome unter Allergenkarenz oder eine Verschlechterung unter zeitnaher Allergenbelastung", betonte Koletzko. Bei einem Nachweis von spezifischem IgE und klarer Zuordnung zu einer allergischen Sofortreaktion oder schweren systemischen Reaktionen solle allerdings umgehend mit einer therapeutischen Eliminationsdiät begonnen werden, rät Beyer. Die Eltern von Kindern mit erhöhtem Risiko für systemische Reaktionen sollten Notfallsets und einen Anaphylaxie-Pass sowie eine strukturierte Schulung erhalten.
Geeignete Ersatznahrung stellt Nährstoffversorgung sicher
Ist eine Kuhmilchproteinallergie diagnostisch gesichert, muss die Zeit bis zur Allergentoleranz mit einem adäquaten Ersatz überbrückt werden. Zur Substitution der kuhmilchbasierten Säuglingsnahrungen eignen sich sowohl hydrolisierte Formula (ehF) als auch Formula auf Aminosäurebasis (AAF) - auch über das erste Lebensjahr hinaus.
"Bei der Auswahl der eingesetzten Produkte spielen eine mögliche Restallergenität, die Nährstoffzusammensetzung sowie die Kosten und die Akzeptanz durch den Säugling eine Rolle", so Dr. Katharina Dokoupil, Ernährungsberaterin am Dr. von Haunerschen Kinderspital der LMU München.
Keine Alternative stellt die Milch von anderen Tieren wie Schaf, Ziege und Stute dar.
Zudem empfiehlt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) keine Säuglingsnahrungen auf Sojabasis für den Behandlungsbeginn. Sojaprotein selbst kann allergische Reaktionen auslösen und beugt allergischen Erkrankungen nicht etwa vor5.
Aminosäurenformula wie z.B. Neocate® besitzen im Gegensatz zu hypoallergenen Spezialnahrungen auf Basis von hydrolysiertem Kuhmilcheiweiß keine Restallergenität und sind daher besonders sicher.6 Die verschiedenen Neocate®-Produkte sind in ihrer Nährwertzusammensetzung genau auf die Ernährungsbedürfnisse der verschiedenen Altersgruppen vom Säuglings- bis ins Kleinkindalter abgestimmt, um den Calciumbedarf zu decken. Für Eltern betroffener Kinder bietet Nutricia eine Reihe von Serviceleistungen auf der Homepage www.neocate.de an.
Weitere Pressemeldungen der Nutricia GmbH finden Sie auch im Internet unter www.nutricia.de/presse/
Quellen:
(1) Schoemaker AA et al. Allergy 2015 [epub ahead of print].
(2) Host A, Halken S: A prospective study of cow's milk allergy in Danish infants during the first 3 years of life: clinical course in relation to clinical and immunological type of hypersensitivity reaction. Allergy 1990; 45: 587-596.
(3) Martin PE et al., Which infants with eczema are at risk of food allergy? Results from a population-based cohort. Clin Exp Allergy 2015; 45, 255-264
(4) Koletzko S, Niggemann B, Friedrichs F, Koletzko B: Konsensuspapier: Vorgehen bei Säuglingen mit Verdacht auf Kuhmilchproteinallergie. Monatsschr Kinderheilkd 2009: 1-5.
(5) Säuglingsnahrung aus Sojaeiweiß ist kein Ersatz für Kuhmilchprodukte: Stellungnahme Nr. 043/2007 des BfR vom 21. Mai 2007
(6) Niggemann B et al.: Prospective, controlled, multi-center study on the effect of an amino-acid-based formula in infants with cow's milk allergy/intolerance and atopic dermatitis. Pediatr Allergy Immu-nol. 2001; 12: 78-82.