Herr Dr. Höfer, welches Fazit ziehen Sie nach einem Jahr bei proFagus®?
Mein erstes Jahr bei proFagus® hat mich in meiner Entscheidung, der Geschäftsführer dieses innovativen und nachhaltigen Unternehmens zu werden, mehr als bestätigt. proFagus® wurde in der Vergangenheit fast ausschließlich als Grill-Holzkohlehersteller wahrgenommen. Grill-Holzkohle war das Produkt, das die Vermarktung bestimmt hat. Aber bereits mein Vorgänger Uwe Belz hat die Entwicklung von proFagus® hin zu einer Bio-Raffinerie initiiert. Diesen Weg gilt es weiterzugehen und das Potenzial von proFagus® vollumfänglich zu heben.
Mein Anliegen ist es, gemeinsam mit der Belegschaft den Wechsel der Rohstoffquellen für chemische Spezialprodukte mitzugestalten – weg von fossilen Rohstoffen mit schlechter CO2-Bilanz, wie Öl, Gas und Naphtha, hin zu nachwachsenden und regionalen Rohstoffen, wie Holz. proFagus® hat aufgrund seiner Kapazitäten in Bodenfelde ein enormes Wachstumspotenzial und bietet mir viel Gestaltungsspielraum, diese innovativen Ideen umzusetzen. Ich blicke mit großer Zufriedenheit auf das vergangene Jahr zurück und freue mich auf die Zukunft und die Möglichkeiten, die für proFagus® damit verbunden sind.
Welche kurz-, mittel- und langfristigen Ziele haben Sie sich gesetzt? Welche Ziele haben Sie eventuell bereits erreicht?
Unser langfristiges Ziel lautet, unseren wertvollen Rohstoff Holz so optimal wie möglich zu nutzen und ihn vollständig in Verkaufsprodukte zu überführen. Alles, was in den Verkohlungsprozess eingeführt wird, wollen wir am Ende auch an werthaltigen Produkten in die Industrie abgeben. Weg von der thermischen hin zur materiellen Nutzung lautet die Devise. Daher haben wir unsere Gruppe auch in Arbonium Technologies umbenannt. Holz aus Rohstoff steht im Mittelpunkt, der Name leitet sich von lateinisch Arbor, der Baum, ab. proFagus® bleibt als Marke unserer Grill-Holzkohle, wird aber ergänzt von unseren neuen Aktivitäten mit zertifizierten Raucharomen an einem neuen Standort und der Technologieentwicklung von Spezialchemie aus Holz.
„Wir wollen in drei Jahren keine thermische Energie mehr aus unserem eingesetzten Holz erzeugen und somit die Kohlendioxidemissionen weiter reduzieren.“
Ich sehe es als unsere Aufgabe an, Anwendungen zu entwickeln, in denen der Kohlenstoffzyklus verlängert und das Holz nicht mehr nur verbrannt wird. Das bedeutet, neue Potenziale für den Rohstoff Holz zu heben.
Mittelfristig gilt es, bessere Absatzpotenziale in der Chemiesparte zu finden. Wir suchen aktuell Marktsegmente, die wir mit nachhaltigen Chemielösungen bedienen können. Bereits jetzt ist es uns gelungen, einen einzigartigen Chemierohstoff zu entwickeln. Hierbei handelt es sich um ein Holzöl, das eine hervorragende CO2-Bilanz aufweist, die idealerweise sogar negativ ist.
Um die angeführten mittel- und langfristigen Ziele erreichen zu können, bedarf es bereits kurzfristig einer Effizienzsteigerung und Prozessweiterentwicklung, sodass für unsere Produkte breitere Einsatzmöglichkeiten geschaffen werden. Hierauf lag unser Fokus im Jahr 2022. Mit proFagus® Food Solutions haben wir ein Tochterunternehmen gegründet, mit dem wir Produkte mit eigenem Lebensmittelzertifikat an die Lebensmittelindustrie verkaufen. Diese Entwicklung erlaubt uns, ein deutlich breiteres Marktsegment anzusprechen und unsere Verkaufsprodukte besser zu positionieren. Um dieses Ziel effizient umsetzen zu können, haben wir ein neues Werk erworben, das bereits im kommenden Jahr die Produktion übernimmt.
Darüber hinaus haben wir in diesem Monat ein Patent für ein Verfahren angemeldet, das es ermöglicht, eines unserer Produkte mit elektrischer Energie und ohne Dampf zu reinigen – ein absolutes Neuland in der gesamten Industrie. Wir stellen damit Essigsäure nicht mehr durch Destillation, sondern durch Kristallisation her und können somit auf die Verwendung von thermischer Energie verzichten. Mit diesem Verfahren haben wir bereits eine große Herausforderung gemeistert, dennoch braucht es für die Erreichung unserer großen Vision weiterhin einiges an Forschungsarbeit.
Stichwort CO2-Klimaneutralität. Wie geht proFagus® als holzverarbeitendes Unternehmen damit um?
Durch die Verwendung des natürlichen Rohstoffes Holz haben wir den Vorteil, dass das entstehende CO2 aus dem Kohlenstoffzyklus der Natur stammt. Um eine valide Aussage zur CO2-Bilanz an unserem Standort und zu unseren Produkten zu erhalten, haben wir diese von externen Instituten prüfen lassen und beim TÜV Süd eine ISO-14064-Zertifizierung in Auftrag gegeben. Das Ergebnis zeigt, dass wir durch den konsequenten Einsatz von regenerativem Strom aus Deutschland bereits eine negative CO2-Bilanz erreichen – und das gilt inklusive der Nutzung unserer Produkte als Grill-Holzkohle beim Endkunden. Es gibt nicht viele Industrieunternehmen, die das von sich behaupten können. Damit können wir unseren Kunden bestätigen, dass sie beim Verbrennen unserer Grill-Holzkohle kein CO2 emittieren. Auf dieses Ergebnis sind wir sehr stolz.
„proFagus® ist in der Rohstoffversorgung und Produktion heute schon CO2-negativ. Das wollen wir ausbauen, in dem wir neue Anwendungen für unsere Holzkohle finden.“
Herr Dr. Höfer, die letzten Jahre waren von verschiedenen Krisen geprägt, die einen maßgeblichen Einfluss auf die Verfügbarkeit von Holz hatten und immer noch haben. Hat die angespannte Situation in der Holzindustrie auch Auswirkungen auf Ihr Unternehmen und auf die Verwendung der Ressource Buchenholz?
Grundsätzlich sind die Segmente, aus denen proFagus® das Holz bezieht, von der Verknappung nicht so sehr betroffen. Wir verarbeiten Holz aus dem Wurzel- und Kronenbereich sowie gebrochenes oder sonst nicht verarbeitbares Holz. Darüber hinaus werden bei proFagus® Resthölzer aus der Holzwerkstoffindustrie verkohlt. Unsere Lieferanten halten uns die Treue und bauen gemeinsam mit uns auf eine langfristige und stabile Geschäftsbeziehung. Auch wir sind von deutlichen Preissteigerungen betroffen, allerdings nicht so dramatisch, wie wir es in anderen Bereichen sehen. Wir können zwar für unsere Kunden nicht alles abfangen, aber wir können es über viele Märkte und andere Produkte außerhalb des Holzkohlemarktes, z. B. Essigsäure als Grundlage für Dialyseflüssigkeiten, Raucharomen als Grundlage in der Lebensmittelproduktion usw. ausbalancieren. Wir sind insgesamt gut aufgestellt und nehmen die aktuelle Energiekrise als zusätzlichen Ansporn wahr, Innovationen voranzutreiben und neue Geschäftsfelder für den Rohstoff Holz zu entwickeln.
„Als holzverarbeitendes Unternehmen müssen wir immer die Balance suchen zwischen der Nutzung des Waldes als Rohstoffquelle, als Erholungsort für Menschen und als Rückzugsort für die Tiere. Der Rohstoff Holz hat so viel mehr zu bieten als die reine Verarbeitung zu Grill-Holzkohle. Deshalb ist auch der Wechsel hin zur Bio-Raffinerie unser Ziel, sodass der natürliche Rohstoff mithilfe chemischer Technologien in verschiedene hochwertige Stoffe transformiert wird. Das ist eine Aufgabe, beträgt der Anteil der im Verkohlungsprozess entstehenden Grill-Holzkohle immerhin 33 Prozent.“
Wir stehen mit Kunden und Partnerunternehmen im engen Austausch und leisten gemeinsame Forschungsarbeit, um die angestrebten Innovationen und Fortschritte zu erreichen. Mit den vorhandenen Kapazitäten und Ressourcen als etabliertes Grill-Holzkohleunternehmen sollte es durch ständige Prozessoptimierung möglich sein, unsere Ziele in den nächsten fünf bis sieben Jahren zu erreichen.